Sanfter Tourismus – geht das überhaupt?

Sanfter Tourismus hört sich so entspannt an, so versöhnlich, so sorgenfrei. Ich habe dieses Wochenende im Zillertal verbracht und viel darüber nachgedacht. Ist sanfter Tourismus nicht nur eine Illusion?

Die Skisaison startet mit Trari und Trallalala. Selbst wenn du als Hotel das nicht willst, was willst Du denn machen? Die Gäste kommen zum Skifahren und auch die Skifahrer, die gar nicht auf höher, weiter, schneller getrimmt sind, fahren mit der Gondel rauf, die da eben auf sie wartet.

Sanfter Tourismus im Skigebiet - geht das überhaupt?

Schneekanone

Nachhaltig Skifahren?

Ist das nun eine brandneue Gondel oder eine alte unbequeme. Über die hohen Preise an der Liftkasse schlucken schon viele. Aber dass die ständigen Investitionen in noch tollere Gondelbahnen und Beschneiungsanlagen unmittelbar damit zu tun hat, ist wohl nicht jedem sofort klar. Kleine Skiliftbetreiber geben auf – große Unternehmensgruppen tätigen Investitionen und werden noch fetter – und die Liftkarten unisono immer teurer.Sanfter Tourismus im Skigebiet - geht das überhaupt?

Ja, wir fahren auch Schi. Dieses Wochenende waren wir zum ersten Mal diesen Winter auf der Piste. Es hat mir wieder richtig Spaß gemacht. Nach vielen Jahren ohne Schi fahren auch nur ein bisschen zu vermissen, habe ich damit wieder angefangen, seitdem ich in Tirol wohne und die Lifte nicht mehr näher an mich rankommen werden. Gemeinsam mit den Kindern habe ich wieder angefangen.Sanfter Tourismus im Skigebiet - geht das überhaupt?

Ich versuche mich meistens an ein paar Regeln zu halten, um das Schi fahren ein wenig nachhaltiger zu machen, sofern das möglich ist. Ich bevorzuge alte und kleine, unabhängige Schigebiete. Ich fahre dann Schi, wenn genug Schnee da ist, auch gerne mit den Kindern bei uns unten im Tal an den kleinen Schleppliften. Das genügt völlig für die Kinder und wir haben genauso Spaß wie in einem Riesen-Skigebiet mit so vielen Pisten, die ich gar nicht alle fahren kann an einem Tag und jedem technischen Firlefanz.

Wir versuchen auch in Skigebiete in unserer Nähe zu fahren. Damit wir die ohnehin den ganzen Winter über bei uns chronisch verstopften Straßen nicht noch mehr belasten.

Ich kaufe sämtliches Equipment gebraucht. Das schont den Geldbeutel und die Umwelt.

Sanfter Tourismus im Skigebiet - geht das überhaupt?

So sieht es oft im Tal aus – ohne Beschneiung wäre hier häufig im Dezember und auch gegen Ende der Saison überhaupt keine Piste mehr zu erhalten.

Sanfter Tourismus

Sanfter Tourismus in einer Umgebung, in der alles auf Gewinnmaximierung und Superlative ausgerichtet ist? In einer Umgebung, in der sich die Menschen – Einheimische wie Fremde – wieder nach der Einfachheit und Offenheit vergangener Tage sehnen? Wäre das eine Lösung?

Im Zillertal bin ich ambitionierten jungen Menschen begegnet, die ein klassisches Hotel dort als junge Generation weiterführen. Anstatt des typischen Samstag-zu-Samstag.Gast, der in der Wintersaison bucht, setzt die junge Mannschaft des Pop Down Hotels – ehemals Zillertaler Grillhof – auf ein urbanes und bewusstes Publikum.

Daneben ist es Silvia Gschösser und Markus Rist ein echtes Anliegen, den Einheimischen wieder einen Ort zu bieten, an dem sie gutes Essen, Kultur und Musik, Beisammensein und Geselligkeit genießen können. Ihr Pop-Up-Projekt läuft diese Wintersaison mit einem kostenlosen Kulturprogramm, das jede Menge zu bieten hat von Jazz und Solokünstlern bis hin zu elektronischer Partymusik und ArtNights, aber auch mit ganz traditionellen Tiroler Musikabenden.

Sanfter Tourismus im Skigebiet - geht das überhaupt?

Das Essen bekommen die Gäste – es gibt im Restaurant garantiert mehr Sitzplätze als Hotelgäste im Haus sein können – an einer im wahrsten Sinne des Wortes langen Tafel serviert. Diese geht nämlich durch drei Stockwerke – vom Konzertflügel im Keller neben der Waschküche (hier im Bild)

Sanfter Tourismus im Skigebiet - geht das überhaupt?

Bemerkenswert ist die überall im Haus und in den 25 Hotelzimmern anzutreffende Liebe zum Detail.

 

über die gemütliche Lobby mit Bar (siehe Foto ganz oben bis hinauf in den ersten Stock. Hier wurden mehrere Gästezimmer aufgegeben, um dem Restaurant mehr Raum zu geben.

Sanfter Tourismus im Skigebiet - geht das überhaupt?

 

Alles im Wandel

Hier wurden nur die Wände durchbrochen, alles andere der früheren Hotelzimmer ist so geblieben wie es war – mitsamt der verschiedenen Teppichböden. Den traditionellen Waschbecken in den Gästezimmern und wieder jede Menge Details.

Sanfter Tourismus im Skigebiet - geht das überhaupt?

Dies symbolisiert den bewussten und langsamen Generationenwechsel. Eine besondere Wertschätzung an jedes einzelne der 45 Jahre, die das Haus im Gastgeschäft besteht.

Sanfter Tourismus im Skigebiet - geht das überhaupt?

“Ein Fest wäre dafür nicht genug gewesen, daher feiern wir eine ganze Saison”, erklärt Markus, der schon seit fast 20 Jahren im Betrieb seiner Eltern mitgearbeitet hat. Ganz klassisch hat er eine Ausbildung zum Koch und Konditor absolviert.

Sanfter Tourismus im Skigebiet - geht das überhaupt?

An dieser langen Tafel serviert er seinen Gästen nun ganz traditionell in Pfannen und großen Schüsseln das Menü, das die Gäste abends in zwei Schichten buchen können. Alle essen gemeinsam. Sanfter Tourismus im Skigebiet - geht das überhaupt?

Die Küche ist traditionell, aber dennoch findet jede Nahrungsmittelunverträglichkeit Berücksichtigung. Sind Veganer unter den Gästen, ist die Suppe eben für alle vegan. Das wird nicht groß erwähnt, denn Brokkolisuppe ist eben Brokkolisuppe, aber mit dieser Küchenphilosophie eben für alle essbar.

Sanfter Tourismus im Skigebiet - geht das überhaupt?

Das traditionelle Tiroler Haus wurde komplett weiß gestrichen. Ein Hotel als Statement. Wen das Projekt interessiert, findet auch hier im instafeed vom Popdownhotel detaillierte Informationen und mehr Fotos. Das Kulturprogramm ist super spannend, kostenlos und findet bis Ende April 2018 statt. Was nach einem weiteren Umbau im Sommer dann stattfinden wird, macht mich schon jetzt neugierig.

Mehr WIB gibt es wie immer bei geborgen wachsen.

2 Comments

  • Verena sagt:

    Genau! Dem imm er schneller, höher, weiter kann man auf viele verschiedene Arten ein Zeichen setzen! Liebe Grüße zurück, Verena.

  • Spannend! Da ich aus der Architektur komme ist das Pop down Hotel natürlich richtig toll. Schönes Konzept.
    Jetzt hab ich auch Lust auf die Piste. Im Übrigen fahre ich mein Snowboard seit nun 15 Jahren. Es fährt. Man braucht nämlich nicht immer Neues, wenn man die Dinge gut behandelt…

    Liebe Grüße, Stefanie*

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