Ich liebe Kitsch! Das ist meine geheime Schwäche. Deshalb bleibe ich vor einem Haus wie diesem stehen und schieße 40 Bilder von einem Disneylandähnlichen Winterwunderlandschaft mit leuchtenden Rauscheengeln, Neon-Krippenfiguren so groß wie Menschen im Carport, Santa Claus mit Rentieren auf der Wiese, Schneemännlein im Barbecue und noch einer, der den LED-Hut schwenkt.
Und gleichzeitig finde ich es beschissen. Genau wie Konsum und den Weihnachtswahn, dem ich in den letzten Wochen in zunehmendem Maße ausgesetzt war, und der nicht nur mich, sondern auch in den Kindern eine so starke Erwartungshaltung aufbaut, die dann in den fünf Minuten “Geschenkpapier zerfetzen”, die sich Bescherung nennen, ihren Kulminationspunkt findet.
Denn ich lehne Konsum in rauen Mengen ab, auch Licht-Konsum. Deshalb haben wir auch keine Lichterketten am Balkon und keine beleuchtete Tanne – wir haben eh nur Apfelbäume – im Garten. Bei uns fährt kein Santa Schlitten und keine LED hängen wie Sternenregen an der Hauswand. Das höchste der Gefühle ist ein irre schwerer Terracotta-Tannenbaum, den ich jedes Jahr raus schleife. Da steht ein Windlicht drin und flackert und leuchtet, wenn ich mal daran denke und es anzünde. Die Kinder sind da ja dann eh schon meist drinnen. Die fragen mich jedes Jahr, ob wir eine Lichterkette aufhängen. Mein Mann und ich haben aber entschieden, dass wir bei unseren glitzernden und leuchtenden Nachbarn gucken. Das reicht. Das ist unser Beitrag zur Nachhaltigkeit und zu weniger Konsum. Jedes Jahr an Weihnachten denke ich über das Konsumverhalten der Industrieländer nach. Also über unseren, über meinen Konsum. Ich bin kein ökologisch super korrekt nachhaltig lebender Mensch. Das schaffe ich gar nicht. Ich fahre Auto, weil ich auf dem Land lebe. (In der Stadt fuhr ich Rad oder U-Bahn.) Ich kaufe fast alles im Supermarkt, denn ich habe keine Zeit, um alles einzeln beim Bauern oder sonst wo zu holen. Außerdem kann ich es mir gar nicht leisten, immer Bio-ethisch-korrekt-nachhaltig-regional-und- fair zu konsumieren. Aber ich gebe mir Mühe. Ich kaufe unsere Klamotten z.B. gerne Second Hand. Und die Eier hole ich beim Eiermann, wenn er jeden 2. Donnerstag vor unserem Haus hupt. Am liebsten würde ich dieses Jahr nicht mal einen Weihnachtsbaum kaufen. Aber die Kinder… Als ich mit meinen Eltern in Rom gelebt habe, und wir Teenies waren, hat meine Mutter einfach ihre Yucca-Palme geschmückt – dort gab es eh nur bröselige Fichten und keine Tannen. Deshalb haben wir dieses Jahr einen im Topf und ich hoffe die paar mickrigen Wurzeln, die er hat, reichen ihm, um weiter zu wachsen auf unserer Terrasse, um nächstes Weihnachten schon ein bisschen größer zu leuchten und zu duften.
Und ich bin stolz darauf, dass wir in den letzten Wochen auch bei Kälte und Dunkelheit um kurz nach 7 Uhr morgens fertig vor der Haustür stehen, um die 1,7 km hinunter ins Dorf zu Schule und Kindergarten zu Fuß zu laufen. Nicht jeden Tag und nicht bei strömendem Regen, das haben wir schon ausprobiert. Aber die Kinder kamen ziemlich nass und schlammig an, denn unser Weg geht ein Stück durch den Wald. Ich bin froh, dass es den Kindern gefällt, zu Fuß zu gehen. Wenn ich dann um 8 Uhr wieder zuhause bin, geht es mir gut und ich denke: “Fast wie bei Bullerbü”. Aber ich glaube, die mussten eine Stunde laufen. Jedenfalls nehmen wir morgens immer Taschenlampen mit und freuen uns über die vielen bunten Lichter der Nachbarn und den tollen großen Lichterbaum der Gemeinde.
Jetzt sind ja endlich Ferien, wir haben die Bescherung (mit nicht zu viel, aber genügend und einigermaßen sinnvollem Spielzeug) hinter uns gebracht und ich werde auch dieses Silvester keine Raketen kaufen. Mehr als so kleine Beiträge zum Thema Konsumverzicht schaffe ich nicht. Doch ich versuche bewusst zu bleiben, und nachzudenken bevor ich den Wagen im Supermarkt voll lade.
In diesem Sinne wünsche ich Euch entspannte Weihnachten, an denen es vielleicht auch mal um was anderes als Konsumieren gehen kann.
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