Die Zeiten mit dem Zwillingswagen sind zum Glück vorbei! Essen wir kommen!
Das reizende Mädchen im Dirndlkleid streckt dem älteren Herr am Nebentisch die Zunge raus. Ihr kleiner Bruder probt dazu die Wirkung seines markdurchdringenden Kreischlauts. Während die Mutter versucht die Kinder mit einem mitgebrachten Bilderbuch abzulenken, das angesichts des Publikums, das sich in dem gut gefüllten Restaurant bietet, keinen interessiert, beginnt das Mädl durch aneinanderreiben von Messer und Gabel die Inszenierung perfekt zu ergänzen. Wer so eine Situation einmal als Verantwortliche(r) erlebt hat, vielleicht sogar sein Essen im Stich lassen musste, um im Freien zu deeskalieren, weiß die Notwendigkeit von Spielecken, Malsachen und Kinderzimmern zu schätzen.
Kein Wunder, dass es oft Gastronomen sind, die selbst kleine Kinder haben, die Möglichkeiten zum Essengehen mit Kindern schaffen – auch in München, einer Stadt in der viele DINKs in den letzten Jahren die Fahnen gewechselt haben und ganze Viertel kinderfreundlich werden – etwa Haidhausen im Osten, das zentral gelegene Glockenbachviertel von Gärtnerplatz bis Schlachthof (Isarvorstadt), aber auch das Westend, Neuhausen oder Schwabing.
Damit essen gehen mit Kindern nicht zum Trauma wird
Es gibt spezielle Cafés für Kleinkinder und Eltern wie das Café Glücksind oder das Café Netzwerk, aber auch Restaurants wie das Schwabinger Riva oder das Brenner oder der Hofbräukeller am Wiener Platz, die tage- oder stundenweise Kinderbetreuung anbieten. So können Eltern am gesellschaftlichen Leben teilnehmen und in Frieden speisen. Auch unbetreute Kinderzimmer gibt es in einigen Lokalen wie dem Park Café, dem Schwabinger Café Ringelnatz oder dem Restaurant im Stemmerhof. Es gilt der Grundsatz, auch bei Betreuung: Eltern haften für ihre Kinder.
Der Gegentrend heißt Zuckertag, der seit gut einem Jahr Kindern und Eltern ein urbanes „Hideaway“ bietet. Mit Clubstatus genießen Mitglieder die privaten Betreuungsangebote in offenen und festen Gruppen plus Kurse von Schwanger bis Mami, Café und Hinterhof-Outdoorspielplatz. Natalie Bendit hat dafür den Münchner Gründerpreis 2014 erhalten. Auch eine solche Entwicklung zeigt wie dringend es ist, die richtigen Voraussetzungen für Familien im öffentlichen urbanen Raum zu schaffen.
Denn Kinder stören nicht, wenn sie das tun können, was sie ohnehin am liebsten machen, nämlich spielen.