Wie funktioniert lokaler Konsum? Im Augsburger Bismarckviertel zeigen das seit August 2013 die Lokalhelden. Ursprünglich als regionales Ladengeschäft mit Suppenküche konzipiert, sind heute auch Café, Restaurant und Events ein voller Erfolg.
Lokaler Konsum ist machbar: Mona Ridder ist eine ruhige Frau Anfang dreißig, die nicht viel Aufhebens macht, um das, was sie da in nicht einmal drei Jahren auf die Beine gestellt hat. Kein Wunder, dass die Augsburgern nicht nur gerne die regionalen Produkte in Bio-Qualität im Lädle kaufen, sondern auch gerne im einige Stufen höher gelegenen, liebevoll eingerichteten Lokal Platz nehmen. Mit einem Rund-um-die-Uhr-Angebot von Frühstück über Mittagstisch bis À-la-carte-Restaurant macht die Gastronomie mittlerweile zwei Drittel des Umsatzes aus. Ob das wohl an den kreativen Gerichten auf der Karte liegt, welche sich die gelernte Köchin selbst ausdenkt? Eine Besonderheit in Städten dieser Größenordnung ist nach wie vor die große vegane und vegetarische Auswahl – so auch in der Schwabenmetropole. „Neben Menschen mit Allergien zählen wir auch viele ältere Damen zu unseren Stammgästen, denen der Arzt einen gesünderen Lebensstil nahegelegt hat“, erzählt die Gastronomin.
Von ihr kreierte Hauptgerichte auf der Abendkarte sind z.B. Thai-Curry mit saisonalem Gemüse, Tofu und Zitronengras, (11,50 €), Linsendhal mit Apfel, Ingwer und karamellisierten Curry-Kernen, (8,80 €) beides serviert mit Reis oder Fladenbrot. Vorspeisen, wechselnde saisonale Suppen und Salate gibt es ebenfalls wochentags ab 15 Uhr, etwa der großer Heldensalat mit gebratenen Pilzen, karamellisierten Sonnenblumenkernen und Grillkäse oder Räucher-Tofu (12,50 €) oder der orientalische Möhrensalat mit Feta und Kürbiskernen (5,50 €). Frühstück gibt es unter der Woche von 9 bis 11.30 Uhr und samstags von 9 bis 15 Uhr. An diesem Tag gibt es auch den beliebten Heldenbrunch: bunte Variationen vegetarischer und veganer Speisen, schön angerichtet auf großen oder kleinen Tellern. Dazu kommen hausgebackene Muffins und Blechkuchen, Kekse, selbstgemachte Schokolade und Kuchen vom Vollwertbäcker Schneider. Das vegane Superheldenfrühstück mit Grillgemüse, Rote-Bete-Hummus, Räuchertofu, Marmelade, Erdnussbutter, Alsan und Brotkorb gibt es um 9,20 €, Mittagsgerichte kosten 7 bis 10 €.
Lokaler Konsum ist machbar
Etwa die Hälfte des Angebots ist vegan oder optional vegan. Fleisch und Fisch kommen nicht zum Einsatz. Milchprodukte, Käse und Eier setzt das 5-köpfige Küchenteam bewusst und sparsam ein –. „Da wir die Produkte aus dem eigenen Verkaufssortiment benutzen“, erklärt Mona Ridder, „entstehen bei uns kaum Lebensmittelabfälle und wir wissen immer genau was wirklich im Essen drin steckt.“ Um ein breites Geschmacksspektrum zu gewährleisten, bezieht sie vom Öko-Großhandel Chiemgauer Lebensmittel, die nicht auf heimischen Böden gedeihen, wie Zitronen, Ingwer oder Avocados. Zusatzstoffe, Konservierungsmittel oder Glutamat sind tabu. Auch auf raffinierten Zucker, tierische Fette und Auszugsmehl wird weitgehend verzichtet zugunsten von Rohrohrzucker, Sirup, Pflanzenöl und Dinkelmehl.
Statt Bananen, Basmatireis oder Tütensuppen heißen die Verkaufsschlager hier Gelbe Bete und Perl-Einkorn, eine bayerische Reissorte. Es gibt hausgemachtes Tomatenketchup, sowie die meisten Grundnahrungsmittel des täglichen Bedarfs – alles aus der Region. Im Mittelpunkt stehen saisonales Obst und Gemüse, Milch- und Getreideprodukte. Über 15 Erzeuger aus Augsburg und Umgebung liefern mehrmals wöchentlich frische Produkte.
„Tomaten aus Spanien, Äpfel aus Neuseeland, Kartoffeln aus Ägypten“, wunderten sich Mona Ridder und Mitgründerin Katharina Scharnowski darüber, warum eigentlich kaum heimisches Obst und Gemüse in den Regalen der Supermärkte landet. Auch die Produktauswahl können die beiden nicht nachvollziehen: „Eisbergsalat gibt es das ganze Jahr, aber Portulak sucht man selbst im Winter vergebens. Dabei wissen wir von unseren Erfahrungen auf dem Stadtacker, das man selbst als Laien-Gemüseanbauerin auf 50 m2 eine beachtliche Ernte verschiedenster Gemüsesorten einfahren kann.“ So entstand die Idee vom eigenen Lebensmittelladen, vom urbanen Hofladen mit integrierter Küche, die Überschuss umgehend zu Gerichten oder Feinkost verarbeitet bzw. konserviert. Als das Lokal nahe dem Theodor-Heuss-Platz gefunden war, bot es sich aufgrund seiner Räumlichkeiten und der schon vorhandenen Kücheneinrichtung an, die gastronomische Komponente von anfang an stärker zu gewichten. Eine wichtige finanzielle Starthilfe war die Crowdfunding-Plattform Startnext. Als Dankeschön für alle Unterstützer gab es je nach Beitrag ein Fünf-Gang-Menü oder eine Tüte lokales Gemüse. Nach ihrem Hochschulstudium zur Diplompädagogin und der Ausbildung zur Köchin holte sich Mona Ridder Inspirationen für ihr Konzept, das sie als „Schnittstelle zwischen Imbiss und Restaurant“ beschreibt, in der alternativen, veganen Szene im australischen Fremantle.
Standbeine
Neben Gastronomie – das Hauptgeschäft ist mittags – und Ladengeschäft sind die Lokalhelden auch sonst aktiv: Immer wieder finden live-Konzerte statt. Dafür wird Samstag, nach dem der letzte Bruncher das Lokal verlassen hat, die selbstgezimmerte Palettenbühne in Szene gesetzt und los kann’s gehen. Einmal im Monat heißt es mit Musik & Mezze das Wochenende einleiten. Dazu kredenzen wechselnde DJs Gitarrenmusik aus verschiedenen Jahrzehnte zu Drinks und „local Snacks“. Das hippe, urbane Publikum, das abends gerne kommt, ist hier die Zielgruppe. Auf Anfrage bereitet das Team vegetarisches oder veganes Fingerfood-Catering für jeden Anlass zu. Für private Feste von Geburtstag und Konfirmation bishin zur Weihnachts- oder Betriebsfeier ist das Heldenlokal mietbar. Besondere Highlights sind neben dem Weihnachtsmarkt das Bismarckstraßenfest im Juni. Zum bunten Angebot von Musik, Tanz, Lesungen, Akrobatik, Flohmarkt und Kulinarik tragen die Lokalhelden die vegane Bratwurstsemmel bei. Hier können Hemmschwellen überwunden und nach Herzenslust probiert werden. Im Sortiment sind hochwertige Snacks von Köfte bishin zu Wraps, hausgebackenem Kuchen und Bauernhof-Eis sowie Drinks aller Art.
In der Heldengalerie, einem kleinen Regal im hinteren Bereich des Lokals gibt es übrigens allerlei Hübsches und Nützliches – lokale Kunst und Lieblingsteile, vieles auch passend im Upcycling-Design, z.B. Fahrradschlauchbroschen, Teekannen-Garderoben oder Spielzeug. Zu diesem ökologischen Trend passen auch die Lampen über den Tischen: Sie sind aus bunt bemalten Edelstahl-Sieben.