Nachhaltige Lebensmittel in Tirol in einem vorbildlichen Fünf-Gänge-Menü in Rotholz: So schmeckt Nachhaltigkeit – positiver Nebeneffekt: die Teilnehmer erfahren Wissenswertes über nachhaltige Lebensmittel in Tirol, Bezugsquellen und Hintergründe über die Produktion.
Die Frage, ob mit Genuss die Welt zu retten sei, stellten wir uns vor kurzem bei einem Fünf-Gänge-Dinner mit einer Extraportion Wissen in der Landwirtschaftlichen Lehranstalt Rotholz, bei dem Mamirocks-Autorin Sabine dabei sein durfte.
Der Abend war nicht nur ein Genuss für den Magen, er stillte auch den Hunger nach Wissen rund um den regionalen Nahrungsmittelmarkt und nachaltige Lebensmittel in Tirol. Wenn ich mir dabei so anschaue, was wir an diesem Abend serviert bekamen und woher die ganzen Lebensmittel stammten, dann muss ich sagen: Ja, wenn wir lokal, saisonal und somit auch nachhaltig einkaufen, dann schaffen wir es auch mit Genuss, unsere Welt – sowohl lokal als auch global – nachhaltig zu retten.
Bioschwein, glückliche Kühe und Zillertaler Granten
Ich in meinem Fall habe die Weltenrettung an diesem Abend mit dem Verzehr eines köstlichen Bratens vom Bioschwein und Kartoffeln aus Rotholz, leckerem Gemüse und Biopilzen aus Thaur und einen vollmundigem Rotwein aus Tarrenz gemacht.
Zum Abschluss dann noch ein Topfensoufflé mit selbstgepflückten Zillertaler Preiselbeeren oder „Granten“ wie man bei uns sagt. Der Topfen stammt vom Biobauern Zwickerhof in Strass, dessen Kühe übrigens noch ihre Hörner haben.
Ein wichtiges Detail, wie uns Bäuerin Anni Ringler aufklärt. Es ist nicht nur eine Frage der artgerechten Haltung, ob man den Tieren die Hörner abschneidet oder nicht. Es macht auch einen Unterschied im Geschmack der Milch. Denn in den Hörnern werden die Giftstoffe aus dem Körper der Kuh gespeichert.
Transparente Speisekarte über nachhaltige Lebensmittel in Tirol
Eine Speisekarte inklusive Herkunftshinweis der verwendeten nachhaltigen Lebensmittel in Tirol, Produktionsweise und bio-regionalen Fußabdruck und viele Gespräche mit interessanten Leuten gab es inklusive.
Der Kunde hat die Macht
Es mag sein, dass die Butter aus Irland oder der Apfel aus Chile im Supermarkt billiger sind, als die heimischen Produkte. Aber es stellt sich doch immer die Frage: Wie billig ist das wirklich? Wenn ich Lebensmittel vor Ort in bester Qualität bekomme, das Geld unseren Bauern (vielleicht ist einer davon mein Nachbar?) zu Gute kommt und die heimische Wertschöpfung stärkt, warum sollte ich dann die Lebensmittel von weit, weit her kaufen, die möglicherweise qualitativ sogar schlechter sind? Der Einfluss der Kunden ist hier nicht zu unterschätzen, denn wie wir wissen regelt die Nachfrage immer das Angebot. So ist das auch bei uns in Tirol geschehen. Man würde es nicht vermuten, aber Tirol scheint ein Vorreiter zu sein, was die Herstellung, Vermarktung und Absatz von regionalen Bio-Produkte betrifft.
100 % Bio – nachhaltige Lebensmittel in Tirol
Denn wie ich beim Dinner festgestellt habe, gibt es zahlreiche interessante Initiativen und Angebote aus der Region. Immerhin haben sich inzwischen schon fast 600 regionale Bauern und Lebensmittelproduzenten aus Nord-, Ost- und Südtirol als Genossenschaft zusammengeschlossen und unter der Marke Bio vom Berg eine eigene Produktions- und Vermarktungsschiene auf die Beine gestellt. Diese ermöglicht ihnen Unabhängigkeit von der großen Lebensmittelindustrie, stärkt die regionale Bergbauernlandwirtschaft und hat sich Werte wie Fairness, artgerechte Tierhaltung und biologischen Anbau auf die Fahnen geheftet.
Das hat zwar seinen Preis, aber auch die entsprechende Qualität. Vor zehn Jahren startete die Genossenschaft mit einer Handvoll Produkten, inzwischen haben sie eine Palette von über 100 Lebensmittel im Angebot, die exklusiv bei der heimischen Lebensmittelkette M-Preis erhältlich sind.
Einen Selbstversuch, wie es gelingt im Supermarkt ohne Plastik einzukaufen findet ihr hier.
Essen macht Wissen
Gelernt habe ich viel an diesem Abend. Nicht nur woher das Essen kommt und wo ich gleich in der Nähe gute Lebensmittel ab Hof oder vom Direktvermarkter beziehen kann, sondern auch wie unser Umgang mit Nahrungsmitteln – egal ob im privaten oder im industriellen Bereich – unsere gesellschaftlichen Strukturen, unser Leben und unsere Umwelt negativ oder positiv beeinflusst. Die Erkenntnis daraus: Es gibt immer mehr Konsumenten und Produzenten, die sich aktiv einbringen wollen und die Entwicklungen in diesem Bereich nicht einfach der Politik, Wirtschaft oder der Industrie überlassen wollen. Eine soziale Gegenbewegung also.
Was tun mit überschüssigen Lebensmitteln?
Da gibt es zum Beispiel den Feld Verein oder das EU-Projekt Stefowa, die sich mit der Nahrungsmittelindustrie und der sinnvollen Verwertung von überschüssigen Lebensmitteln aus Betrieben (Landwirtschaft, Gastronomie, Kantinen, etc.) in Tirol beschäftigen und diese sinnvoll weiterverarbeiten. Oder die sogenannten Food Coops, also Lebensmittelkooperativen. Das sind Menschen und Haushalte die sich zusammengeschlossen haben, um selbst organisiert direkt von lokalen Biobauern und Produzenten Produkte zu beziehen (Food Coop Innsbruck: http://www.barefood.at/ oder https://foodcoops.at/).
Ernährungsrat Innsbruck
Was ich besonders spannend fand, ist das Projekt Ernährungsrat Innsbruck, das gerade im Aufbau ist. Es geht darum, neue Wege der nachhaltigen, klima- und ressourcenschonenden Lebensmittelversorgung in Städten und im urbanen Raum mit allen Akteuren (Hersteller, Konsumenten, Verwerter, Ernährungswissenschaftler, etc.) zu erarbeiten.
Ernährungsräte gibt es seit einigen Jahren bereits in mehreren Städten in Deutschland. Nun haben sie auch Österreich erobert. Jeder der sich für nachhaltige Lebensmittel in Tirol bzw. in seiner Region interessiert, kann mitmachen.
1 Comment