Warum Kinder Märchen brauchen? Die fantastische Welt der Märchen ist für Kinder eine großartige Möglichkeit, sich selbst zu entdecken. Die Welt der Kindheit ist magisch und voller Zauber – wie im Märchen. Die Natur ist beseelt und Märchengestalten wie Zwerge, Feen und Elfen keine Erfindung. Kinder haben einen Zugang zu Magie, Märchen und Naturwesen, den viele Erwachsene verloren haben.
Wie das Kleinkind sich selbst als Mittelpunkt seiner Welt begreift, so ist es im Märchen der/die Held/in, um die/den sich die Märchenwelt dreht. Daher ist es für junge Menschen ein leichtes, sich mit diesem/r zu identifizieren.
Märchen erklären die Welt: Klare Trennung in Gut und Böse
Das Märchen zeichnet sich durch eine klare Trennung in Gut und Böse, eine vereinfachte und schematische Weltsicht aus. Kinder identifizieren sich mit dem Helden, der Heldin, die am Ende der Heldenreise gewinnt. Dasher nur Gute siegt im uralten Kampf über das Böse.
Doch das ist nicht in allen Märchen so. Es gibt genügend Beispiele bei Grimm und Andersen, in denen Märchen kein gutes ende haben und sehr grausam sind. Ich halte daher nicht alle Märchen für Kinder geeignet. Die Gestalten im Märchen sind oft symbolhafte Archetypen. Das Märchen wurde im 19. Jahrhundert newusst als moralische Keule in der Pädagogik eingesetzt. Doch der Grund warum Kinder Märchen brauchen, ist keinesfalls, ein pädagogischer. Es geht nach heutigem Verständnis nicht darum, ihnen Regeln vorzusetzen.
Im Gegenteil, Märchen in denen das Gute siegt gegen die böse Fee in Dornröschen, den Wolf bei den sieben Geißlein oder Rotkäppchen, oder die Räuber, wie in Aladdin und die Wunderlampe, nehmen Kindern ihre Angst. Sie wirken beruhigend und bestätigen das Kind.
Astrid Lindgren und das Märchen
Astrid Lindgrens Geschichten sind eigentlich eine einzige große Huldigung an das Märchen. Das Erlebnis dieser Texte, ihrer Magie und Schönheit, steht im Mittelpunkt. Es geht bei ihr nicht darum – wie so oft in älteren Märchen -, dass den Kindern verschiedene Tugenden beigebracht werden sollen. Das Wichtige ist die Dynamik des Märchens: der Kontrast zwischen einer armseligen Wirklichkeit (die Häuslerküche) und den inneren Kräften – denen der Schönheit, der Güte und der Grausamkeit–, die vom Märchen freigesetzt werden.”
Vivi Endström: “Astrid Lindgren und die Macht des Märchens”, Oetinger Verlag, 2004, S.51
Für die Literaturwissenschaftlerin Vivi Endström vollendet sie in “Die Brüder Löwenherz” ihre Annäherung an das Märchen, “wo die Schlafbank in der Küche zum Ausgangspunkt des Schwindel erregenden Märchenabenteuers wird.” (ebd.)
Aber auch in dem Märchen “Mio, mein Mio”, in der Geschichte “Im Wald sind keine Räuber” oder in dem Roman “Ronja Räubertochter” entdecken wir märchenhafte Züge. Warum Kinder Märchen brauche, haben meiner Meinung nach wenige so verstanden, wie Astrid Lindgren. Mit ihrem Werk gibt sie Kindern eine wertvolle Begleitung durch die Kinderzeit und verlässliche Freund_Innen fürs Leben an die Hand.
Warum Kinder Märchen brauchen? Weitere gute Gründe zum Vorlesen
Vorlesen ist gemeinsame Primetime mit den eigenen Kindern. Das Vorlesen abends vor dem Schlafengehen ist ein wunderbares Rituale. Der kindliche Geist kommt zur Ruhe und bereitet sich auf den Schlaf vor. Mit kleineren Kindern sind es vor allem die Bilder zum Angucken. Je älter die Kinder werden, desto länger sind die Geschichten, desto komplexer die Inhalte. Märchen sind ein guter Start in die Vorlesezeit. Sie haben eine klare, einfache Sprache, die voller Bilder ist. Ihre Länge passt perfekt für eine Gute-Nacht-Geschichte.
Märchen sind Teil der Weltliteratur. Sie bilden für Kinder einen Einstige in die Welt der Literatur. Durch das Vorlesen sind schon viele Kinder zu leidenschaftlichen Leser_Innen geworden. Auch Hörspiele bieten Kindern eine wertvolle Hilfestellung im Alltag. Schließlich übersteigt der Geschichten- und Märchen-Hunger vieler Kinder die Vorlese-Kapazitäten ihrer Eltern bei Weitem. Dieser Artikel im Audible Magazin über Märchen für Kinder bietet eine Übersicht und empfiehlt kindgerechte Klassiker sowie zahlreiche Märchen aus aller Welt in Hörspielform.
Die spielerische Welt der Märchen ist voller Fantasie. Fantasie und freies Spiel sind zwei wirklich wichtige Faktoren für die kindliche Entwicklung. Geschichten regen ihre eigene Fantasie an und beflügeln das kindliche Spiel.
Naturwesen im Märchen
Warum Kinder Märchen so lieben, hängt auch mit den Wesen zusammen, die unsere Märchen bevölkern. Kinder habe ein ganz anderes Verhältnis und Gespür für Elementarwesen und Naturgeister. In Märchen wimmelt es nur so von Zwergen, Kobolden, Gnomen, Feen, Trollen, Wichteln und Wasserwesen.
Ist es nicht ein Zwerg, der in Schneeweißchen und Rosenrot, den Schatz auf der Wiese im Frühling ausbreitet und der sich seinen Bart eingeklemmt hat? Und Rumpelstilzchen? Der Kobold stiehlt der Königin ihr Kind! Manche Märchen handeln von Meerjungfrauen und Nixen, manche von Wassermännern oder beiden. Dornröschen ist nicht nur von einer bösen Fee bedroht, denn eine gute Fee wendet das Schlimmste von deren Fluch von der Königstochter ab. Sie verwandelt den Tod in einen 100-jährigen Schlaf.
Was wären Märchen ohne Magie und den Zauber einer beseelten Natur. Für Kinder sind Naturwesen real. Auch unsere Wirklichkeit erleben sie als riesiges Abenteuer mit magischen Momenten. Ein Waldspaziergang mit raschelnden Blättern und geheimnisvollen Verstecken ist ebenso märchenhaft wie das bevorstehende Weihnachtsfest, in der die Kinder eine Wichteltür das Warten versüßt. Ebenso wirklich, wie dahinter ein Wichtel wohnt, sind für die Kinder die Gestalten der Märchen.
Lies hier mehr über die Naturgeister in Wald und Garten, wenn du Lust hast, dich – gemeinsam mit deinen Kindern – dieser märchenhaften Welt wieder zu öffnen.