Die Benachteiligung der Mütter in unserer Gesellschaft ist eklatant. Ja, es ist durchaus legitim von Diskriminierung von Müttern in der Arbeitswelt zu sprechen. Dabei geht es nicht nur um die geringere Bezahlung, den Gender Pay Gap, der nach wie vor zwischen Frauen und Männern besteht. Mutterschaft leistet natürlich, wie angesichts der aufs Abstellgleis gestellten Karierre von Mütter nicht weiter verwundert, einen wesentlichen Zuwachs zu der ungleichen Bezahlung im selben Job. Es ist auch von der Strafe der Mutterschaft die Rede. Ihre Mutterschaft wirft Frauen einerseits in ihrer Karierre zurück, andererseits wird ihnen das Muttersein durch den Arbeitgeber erschwert.
Mehr darüber lest ihr bei Mareice Kaiser und in ihrem Buch “Das Unwohlsein der modernen Mutter”, erschienen bei Rowohlt 2021. Darin spielt die Autorin durch, in welch vielfältigen Belangen die gesellschaftliche Benachteiligung der Mütter sich auswirkt. Die betrifft viele Bereiche, ob Karierre, Finanzen und Rente, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Glück und Entfaltung, psychische oder körperliche Gesundheit.
Mütter macht Politik, um die Benachteiligung der Mütter zu stoppen
Die Corona-Krise hat die Benachteiligung der Mütter verstärkt. Viele Mütter und Care-Arbeitende überhaupt – Mütter verrichten unbezahlt einen Großteil der Care-Arbeit in unserer Gesellschaft – hat die Pandemie an den Rand der Gesellschaft getrieben, finanziell benachteiligt. Wegen Teilzeitarbeit in Geringverdiener-Jobs abgedrängt, stehen Mütte gesundheitlich am Rande des Zusammenbruchs und sind oft der totalen Erschöpfung nahe. Kein Wunder, dass es gerade Alleinerziehende sind, denen es finanziell und gesundheitlich richtig schlecht geht. Für sie ist alles noch viel schwieriger, denn sie sind allein verantwortlich für ihre Kinder, das Einkommen und den Haushalt.
Das sich nicht viel getan hat in den letzten zwei Jahren, verrät uns ein neues Buch, das diesen Herbst im Magas Verlag erschienen ist.
Mütter Macht Politik Ein Aufruf! heißt das Buch von Sarah Zöllner und Aura-Shirin Riedel. Es ist eine praktische Anleitung zum Aktiv werden und zeigt mehrere Wege zur politischen Teilhabe von Müttern auf. Die Autorinnen betrachten Mütterlichkeit als Bedingung für eine funktionierende Gesellschaft. Wie passt das zusammen mit der Benachteiligung der Mütter in einer Gesellschaft, die Familien mit Ignoranz abstraft und Mütter schutzlos und systematisch an den Abgrund drängt.
Das strukturierte Buch besteht aus zehn Interviews mit Expert*innen zu den oben genannten Themen von Frauengesundheit und Wohlbefinden über Arbetswelt und Karierremöglichkeiten für Mütter bishin zu Rente und der Vision einer mütter- und damit menschenfreundlichen Gesellschaft.
Am Ende jeden Kapitels, gibt es Tipps zum selbst aktiv werden. Dazu kommen Tipps, um andere Mütter zu unterstützen und konkrete Forderungen an die Politik.
Nur die Mütter selbst können die Benachteiligung der Mütter stoppen
Stimmt dieser Satz? Dieser Satz ist gemein, denn die Mütter haben doch wirklich schon genug um die Ohren. Sie sind schwanger. Sie gebären und sie kümmern sich – noch geschwächt von der Geburt – tagaus tagein um das Neugeborene, womöglich auch noch um Geschwisterkinder. Bitte sag mir nicht, sie kümmern sich dazu noch um einen Mann. Ja doch, ich weiß, das tun garantiert auch (noch!) viele Frauen, obwohl es doch umgekehrt sein müsste. Und dann sollen sie noch für ihre Belange eintreten, damit die Benachteiligung und Diskriminierung von Müttern in unserer Gesellschaft endlich aufhört?
Es ist keiner Mutter ein Vorwurf zu machen, wenn sie sich nicht politisch engagiert. Und doch ist es dringend notwendig, denn wie so oft, stagniert die Situation von Müttern in unserer seit Jahrhunderten patriarchal strukturierten Gesellschaft seit Jahren. Ich bin selbst vor über einem Jahrzehnt Mutter geworden. Und ich kann nicht sagen, dass sich viel verändert hätte an der strukturellen Benachteiligung der Mütter – weder in Deutschland noch in Österreich oder Italien.
Im Gegenteil. Die Pandemie hat der Gesellschaft gezeigt, wie viel mehr die Frauen an unbezahlter Arbeit übernehmen. Wie dringend mehr Kitaplätze gebraucht werden, wie krass der Personalmangel im Care-Bereich, in Schulen und Kitas ist. Und was das für umittelbare Auswirkungen auf die Erschöpfung und Belastung von Müttern und ihren Familien hat.
Dass Familien in Deutschland nicht beliebt sind, darüber hat auch meine Autorenkollegin Nathalie Klüver geschrieben. Und über den seit bald zehn Jahren anhaltenden Hebammenmangel bzw. das stille Aussterben dieses Berufsstandes habe ich hier berichtet.
Das kannst du tun, um Mutterschaft in unserer Gesellschaft aufzuwerten
Auch wenn ich jede junge Mutter verstehen kann, die keine Kraft hat, sich politisch zu engagieren. Es gibt doch zum Glück genug “alte” Mütter und Frauen, die den jungen Müttern beistehen können.
Liebe Mütter, solidarisiert euch, helft anderen schwangeren Frauen und Eltern
Mütter und Väter, Frauen und ihre Partner*innen, Töchter und Söhne müssen zusammenhalten und sich engagieren, denn die Politik bleibt untätig. Mit dem Buch “Mütter Macht Politik” hast du eine Anleitung in der Hand. Nach jedem Kapitel gibt es konkrete Adressen und Kontakte, wie du aktiv werden kannst. Und du erfährst, wie du andere Mütter unterstützen und Familien helfen kannst. Es gibt bestimmt einen Bereich der dich mehr als andere interessiert. Für ehrenamtliches Engagement ist es ganz wichtig, sich Verbündete zu suchen. Hier findest du sie bestimmt auch in deiner Stadt oder in deiner Region.
- Unterstütze Vereine wie Mother Hood e.V. oder die Intitative Roses Revolution, wenn du dich gegen Gewalt unter der Geburt engagieren willst
- sprich mit Schwangeren und jungen Mütter über ihre Rechte und Möglichkeiten
- empfiehl ihnen gute Bücher zu Mütter- und Frauenthemen
- besuche Eltern- und Netzwerkcafés in deiner Umgebung. ( zum Beispiel das Zentrum für natürliche Geburt in der Häberlstraße in München oder das Familienzentrum in Innsbruck)
- Unterstütze soziale Einrichtungen wie Dowas für Frauen in Innsbruck, Kufstein und Wörgl oder Lila wohnt in Innsbruck
- Mach dich stark für Alleinerziehende: Stiftung Alltagsheldinnen – Mütterintiative für Alleinerziehende oder über den Verband Alleinerziehender.
- Unterzeichne das Equal-Care-Manifest oder unterstütze den Equal Care Day
Stillen in der Öffentlichkeit noch immer ein Tabu
Auch das Thema Stillen in der Öffentlichkeit kommt im Buch vor und ist bis heute für Mütter ein schwieriges Thema. Viele werden blöd angeredet oder angeschaut, wenn sie auf einer Parkbank oder im Café stillen. Viele Frauen trauen sich das deshalb gar nicht und bleiben lieber zuhause. Oder stillen auch im Herbst weiterhin im Park, wie im Titelbild.
Aus dem Magas Verlag gibt es deshalb auch ein Buch zum nach wie vor aktuellen Thema “Warum Stillen politisch ist”.
Das Buch widmet sich nicht nur dem Tabuthema Stillen in der Öffentlichkeit sondern auch dem Thema Langzeitstillen.
Was denkst du beim Betrachten dieser Mutter, die ihr Kleinkind stillt?
Wenn Frauen zwei- oder dreijährige Kinder stillen, bekommen sie viel negatives Feedback aus ihrem Umfeld, aus der Familie, aber auch von anderen Müttern. Es gibt viele Voruteile, dass das Stillen von Kleinkindern unnatürlich und unziemlich ist. Beurteilst du die Mutter im Geiste als unprofessionell und inkompetent? Oder siehst du eine innige Beziehung zwischen Mama und Tochter, das Gefühl von Verbindung und Geborgenheit?
Das Buch klärt auf darüber, warum es wichtig ist, unsere Vorstellungen über das Stillen zu hinterfragen. Woher kommen diese tiefsitzenden Vorurteile gegenüber Müttern und Stillenden im Besonderen? Und wer verdient daran? Wer bestimmt eigentlich, ob und wie lange Mütter stillen? Die WHO, Nestlé unsere Arbeitgeber, wir selbst oder etwa das Kind?
“Wir müssen aufhören, Entscheidungen den sogenannten Entscheidungsträger:innen zu überlassen. Stattdessen müssen wir selbst aufstehen und aktiv werden und uns bewusst werden, dass jede:r von uns etwas bewirken kann…”
Jane Goodall, britische Verhaltensforscherin in “Warum Stillen poltisch ist” von Gabrielle Palmer.
Weiterführende Informationen bei La Leche League International und La Leche Liga Deutschland, der Vereinigung der Stillberaterinnen (ILCA) und dem Berufsverband Deutscher Laktationsberaterinnen.
Fotos: Unsplash Dave Clubb und Junior Reis