Heute wollen wir die Vielfalt der Vulva feiern. Keine Angst, deine Vulva, Yoni, Scheide oder Vagina ist so einzigartig wie du. Es gibt keine Norm, nur wunderbare Vielfalt der Vulva. Um diese Vielfalt der weiblichen Mitte, lange nur verschämt “unten rum” oder “da unten” genannt, sichtbar zu machen, hat Grit Scholz vor 15 Jahren den Lebensgut Verlag gegründet. Heute führt den Verlag Walentina Sommer weiter, mit dem Ziel Frauen und Familien zu stärken. Das “Tor ins Leben” feiert 15. Geburtstag. Gewinne heute ein Exemplar des wunderbaren Foto-Bildbands, indem du den Gastbeitrag der Grafikerin, Lebenskünstlerin und Autorin Grit Scholz kommentierst.
Wie entstand der Bildband “Das Tor ins Leben” ? – Kultbuch und Vorläufer der Viva la Vulva-Bewegung
Grit Scholz’ Buch “Das Tor ins Leben”
feiert seinen 15. Geburtstag. Der großformatige Bildband zur Vielfalt der Vulva ist ein Puzzleteil einer riesigen Welle. Diese große Bewegung begann schon in der 68er Frauenbewegung, flachte dann aber wieder ab. Bis 2000 die “Vagina-Monologe” von Eve Ensler das Thema Vielfalt der Vulva auf ganz neue Weise, in die Öffentlichkeit brachten.
Das war der Grund, warum ich, trotz innerer Widerstände, das so gut verborgende, geschützte, heilige „Tor ins Leben“ ans Licht bringen wollte. Denn solange so viel Unsicherheit und Unwissenheit darüber herrscht, wird uns wirkliches Erkennen, Erwachen und die größeren Zusammenhänge sehen unmöglich sein. Heute gibt es immer mehr Werke, die sich auf vielfältige Weise mit dem Thema beschäftigen.
Die Vielfalt der Vulva als Symbol für das weibliche Prinzip
Mir ging es bei meinem Buch nicht allein um die Vielfalt der Vulva. Doch sie steht für mich nach wie vor als Symbol für das weibliche Prinzip. Und so wie wir mit der Vulva umgehen, unsere Sichtweise darauf – spiegelt sozusagen die Haltung einer Gesellschaft wieder.
Was mich bewegt sind die Zusammenhänge. Im Kleinen und im Großen. Es geht mir um unsere Art die Welt zu sehen, um Glaubenssätze und Werte und eine tiefere Erklärung dafür, warum wir uns als Menschheit immer weiter vom Lebendigen entfernten. Wir waren und sind auf dem besten Wege unsere Umwelt, unsere Lebensgrundlage zu zerstören. Warum entwickeln und wenden wir mehr und mehr Technologien an, die unser menschliches Bewusstsein stetig reduzieren? Unsere Welt ist völlig aus dem Gleichgewicht geraten, auf allen Ebenen.
2009 hat Inaqiawa ihr Buch „Die Rückkehr des weiblichen Prinzips“ geschrieben, welches ich mit dem LebensGut-Verlag veröffentlicht habe. Damals gab es bei google keinen einzigen Eintrag unter: “weibliches Prinzip” Heute gibt es 589.000 Ergebnisse…
Dennoch bleiben die Themen weibliche Sichtbarkeit und ein ungehemmter Umgang mit dem weiblichen Geschlecht aktueller denn je.
Die Polarität von männlich und weiblich hat seine gesunde Funktionsweise verloren
Die Polarität von Yin und Yang gilt auch als das “männliche und das weibliche Prinzip”. Sie hat ihre gesunde Funktionsweise verloren. Denn alles, was mit dem weiblichen Prinzip, dem Prinzip des organischen Wachsens und Werdens zu tun hat, wurde in der Vergangenheit verdrängt, verteufelt und so gut wie ausgerottet. Ersetzt wurde es durch ein künstliches Wachstum, durch künstliche Intelligenz und künstliche Strukturen.
Ich wollte mit “Das Tor ins Leben” einen Beitrag leisten, um das weibliche Prinzip wieder zu erwecken. Mein Bildband zur Vielfalt der Vulva soll uns – Frauen wie Männer – erinnern! Stellvertretend für das universelle Prinzip will die Weiblichkeit auf Erden, die weiblichen Kräfte in uns Frauen wieder beleben. Das, was in uns abgetötet und blockiert wurde, darf sich integrieren, um daraus Kraft zu schöpfen. Mit dem Sichtbarmachen der Vulva will ich uns Menschen für das Leben stark machen. So gelingt es, das gesunde Gleichgewicht zwischen Ying und Yang wieder herzustellen.
Gegen Normschönheit und für die Vielfalt der Vulva
Grit Scholz hat mit “Das Tor ins Leben” und ihren großformatigen Bildern in Fotoausstellung seit 2007 mit dazu beigetragen, dass heute ein tieferes Verständnis über diese größeren Zusammenhänge herrscht. Eine neue Zeitqualität ist angebrochen. Und dennoch: Es gibt noch viel zu tun! Damit immer mehr Frauen und Männer verstehen, das jede Yoni einzigartig und für sich gut ist, wie sie ist. Dieses Anliegen ist in Zeiten von vaginalen Schönheits-OPs und anhaltender Genitalverstümmelung aktueller denn je!
Stattdessen sind Tabus und Sexualisierung nach wie vor an der Tagesordnung. Diese sorgen für Missbrauch und Scham. Inzwischen gibt es auch immer mehr Normierungen, sogar von Medizinern und Schönheitschirurgen, die uns als normal verkaufen wollen, die äußeren Schamlippen müssten die Inneren umschließen – was bei den wenigsten Frauen im entspannten Zustand der Fall ist.
Pornos als Schönheitsideal
Auch durch die Pornoindustrie prägte leider ein genitales Ideal von Weiblichkeit, das an kindliche Unschuld erinnern soll. Vulven ohne Schamhaare, mit nur ganz kleinen inneren Schamlippen, so wie es bei den Vulven kleiner Mädchen der Fall ist – prägen die Bilder der Sexindustrie. Diese Bilder sind von der Gesellschaft so verinnerlicht, dass inzwischen die meisten Jugendlichen leider glauben, Sexualität wäre das, was sie aus Pornofilmen kennen. Nicht wenige Mädchen und junge Frauen versuchen, sich solchen Vorbildern anzupassen. Aber natürlich betrifft das nicht nur Jugendliche, denn Pornos werden von allen Altersstufen konsumiert.
Durch die Mode, die Schambehaarung zu entfernen, die in den letzten Jahren nicht nur Jugendliche erfasst hat, wurden die meisten Frauen erstmalig mit dem Anblick ihrer Vulva konfrontiert, denn Frau kann sich nicht rasieren, ohne dabei hinzuschauen. Selbst wenn sie es nicht selber tut, sondern eine der vielen Dienstleistungen im Sektor „Körperhaarentfernung“ in Anspruch nimmt – sieht sie danach ihre nackte Vulva – die doch viel mehr sichtbar macht, als eine Behaarte.
Doch viele Frauen finden längere innere Schamlippen unästhetisch, eklig und hässlich. Doch warum empfinden sie das so? Weil es inzwischen eine Prägung in ihnen gibt, die dieses Empfinden auslöst. Diese Prägung geht am Ende so weit, Weiblichkeit an sich als etwas Unreines und Ekliges zu betrachten. Kindlichkeit dagegen wird mit Reinheit, Schönheit und Unschuld in Verbindung gebracht.
Aktueller den je: die Vielfalt der Vulva, losgelöst von Scham, Objektstatus und sexueller Anzüglichkeit
Wissen Frauen überhaupt, wie einzigartig und vielfältig Vulven aussehen? Wer gibt die genitalen Schönheitsideale vor, und warum? Was macht das mit uns Frauen? Haben wir die Achtung vor dem Wunder „Leben“ verloren?
Für die Beschaffenheit der Vulva gibt es KEINE Norm, doch die Pornoindustrie, aber auch Schönheitschirurgen, Mediziner und Medien entwickelten einen Trend hin zur „Kleine-Mädchen-Vulva“, unbehaart sowie keine oder nur kleine innere Schamlippen. Die Vulva ist aber in Wirklichkeit in Form, Farbe und Anatomie ganz individuell. Sie ist wie ein Spiegel und zeigt durch ihre Gestalt viel vom Wesen der Frau. Früher galten große innere Schamlippen als besonders weiblich und kraftvoll.
Die Vulva einer erwachsenen Frau hat sogar die Fähigkeit, ihr Aussehen körperlichen und emotionalen Befindlichkeiten anzupassen. Hättest du das gewusst?
In unserer Kultur und Gesellschaft fehlt die liebevolle Aufklärung und Wertschätzung über dieses wundervolle Körperteil, über ihre Gestalt und Funktion fast vollständig. Wirklich bedrohlich für eine liebevolle Sexualität, sowie den respektvollen Umgang mit dem eigenen Körper und den Körpern anderer Menschen ist, dass diese Art der Darstellung von Sexualität und intimen Umgang – die EINZIGE ist, die in unserer Kultur präsentiert und von allen Massenmedien großzügig unterstützt wird. Es fehlt ein Gegengewicht dazu – die Darstellung von Natürlichkeit, emotionaler Verbundenheit, liebevoller, achtsamer und spiritueller Intimität und Sexualität.
Grit Scholz
Kinder und Jugendlichen eine positive Sexualität ermöglichen
Sie weißt daraufhin wie wichtig es ist, Kinder und Jugendliche zu begleiten und zu unterstützen, dass sie Erfahrungen sammeln können und somit Wissen erwerben, welches sie zu einem gesunden und natürlichen Körpergefühl führt. Das gilt für Jungen genauso wie für Mädchen, auch wenn das Buch “Das Tor ins Leben” besonders die weibliche Seite anspreche.
Diese völlig einseitigen Informationen zu einer oft körper- und seelenfeindlichen Sexualität haben schwere Folgen in der Psyche der Menschen und dem Umgang zwischen Mann und Frau hinterlassen.
Grits Aufklärungsvideos z.B. bei Youtube, auf denen sie gewaltfreie, natürliche Bilder von Vulven zeigte, wurden gesperrt. Pornografische Darstellungen sind dagegen überall frei zugänglich. Inzwischen gibt es einige Menschen, die versuchen ein Gegengewicht zu schaffen, so etwa die Initiative Viva La Vulva und zahlreiche Künstlerinnen, doch werden diese Initiativen immer noch zu wenig unterstützt, findet die Autorin, die seit 15 Jahren versucht, durch ihre Arbeit aufzuklären.
Also bleibt die Vulva für die meisten Frauen ein weißer Fleck auf der Landkarte ihres Körpers. Oder sie schauen sich Pornos an und bekommen ein Ideal serviert, was sie an ihrem eigenen Körper zweifeln lässt und sie oft völlig verunsichert.
Grit Scholz
Gerade Frauen haben kaum Möglichkeiten, die Vulven von anderen Frauen zu betrachten, es sei denn sie haben intime Beziehungen mit Frauen. Die eigene Vulva wirklich zu kennen, ist auch nicht leicht, denn Frau sieht sich selbst aus einer Perspektive, die es ihr nur mit Spiegel oder Kamera erlaubt – wirklich das gesamte eigene Genital zu betrachten.
Bilderbuchprojekt “Das Tor ins Leben”
„Das Tor ins Leben“ von Grit Scholz ist ein Bilderbuchprojekt über weibliche Genitalien. Es möchte mit dem Tabu brechen, das besagt: „Weibliche Genitalien dürfen nicht betrachtet werden.“ Diese kulturelle und gesellschaftliche Haltung, hatte zur Folge, dass die Unwissenheit so groß wurde, dass kaum eine Frau, aber auch Mediziner:innen nicht wussten und leider zum Teil bis heute nicht wissen, wie vielfältig die Natur die weiblichen Genitalien gestaltet hat.
Heute erkennen wir immer deutlicher, das ganze Ausmaß der Zerstörung. Wir spüren jeden Tag, wie weit sich unsere Welt vom gesunden, organischen Wachstum und dem Einklang mit der Natur entfernt hat. Die Technologien breiten sich rasant aus und wir werden gerade Zeugen unserer eigenen Versklavung. Das Gute ist, dass mehr und mehr Menschen fühlen und begreifen, was hier passiert. Denn nur dann haben wir eine Chance, das Blatt zu wenden. Das weiterhin fehlende weibliche Prinzip hat zu diesem starken Ungleichgewicht geführt.
Mein Gefühl ist, WIR, die Menschheit steht JETZT an einem Scheideweg. Entweder rasen wir weiter mit Überschallgeschwindigkeit in Richtung Transhumanismus und Digitalisierung und totaler Kontrolle. Oder wir schaffen es, gemeinsam mit Mutter Erde in ein neues Zeitalter aufzubrechen. Einem Zeitalter, indem das Lebendige an erster Stelle steht und wir in Verbundenheit ein neues Gleichgewicht finden, an dem die Menschheit und die Erde gesunden können. Der Weg ist bereitet, doch gehen müssen wir ihn gemeinsam, mit all seinen Herausforderungen.
Grit Scholz
Ich finde die Fotos sehr besonders und freue mich schon auf die Ausstellung in München, bei der ich auch anwesend sein werde. Danke für diesen Beitrag!