Lesen Eure Kinder gerne? Oder braucht ihr eher Bücher für Lesemuffel? Also ich kenne beides zur Genüge: richtige Leseratten und Bücherfresser und weniger interessierte Kinder. Es ist schon so, das Lesen ein wenig Geduld und Konzentration erfordert. Es ist wie eine Schwelle, die überschritten werden muss ins Land der Buchstaben. Und dazu braucht es neben einer stets frische Kiste Bücher für Lesemuffel auch ein wenig elterliches Zutun.
Neben dem Vorlesen, dass ihr alle hoffentlich schon seit den Windeltagen praktiziert gehört etwa ein Jahr echte Geduld. Einfach nur dasitzen und sich das Gestotter anhören, gehört auch dazu. Nicht ungeduldig werden, nicht an die Decke gehen, wenn ihr das Gefühl habt, das Kind buchstabiert ganz absichtlich ganz langsam und gaaaanz stotterig. Es hat wohl grad keine Lust zu lesen? Oder es beginnt plötzlich rückwärts zu lesen oder verändert die Reihenfolge der Wörter? Alles im ersten Schuljahr erlebt und ungefähr jeden zweiten Tag an die Decke gegangen. Aber vielleicht kriegt ihr das ja besser hin. Es wird mit der Zeit auch besser.
Zwei sind schon echte Leseratten und das dritte Kind steht an der Schelle ins Land der Phantasie. Es gibt da Bücher, die nimmt es und liest sie sofort leise und konzentriert von Anfang bis Ende durch, auch mehrmals. Weil sie sein Interesse geweckt haben.
Ich frage mich da, was sind das für Bücher, die es so faszinieren und in seinen Bann ziehen? Die echten Leseratten lesen wahllos alles, was sie vorfinden. Da muss ich doch glatt schon meinen blutrünstigen Krimi verstecken. Denn schnappt sich der Achtjährige, weil da drauf steht “Unbedingt lesen”. Marketing geglückt, alles richtig gemacht. Und das alles nur wegen dieses einen Buches. Das heißt “Finger weg von diesem Buch” und ist der ungebrochene Sieger auf der Liste der Bücher für Lesemuffel:
Platz 1 der Bücher für Lesemuffel
Dieses bunte Bilderbuch von Andy Lee haben alle drei Kinder auf einer etwa 20-minütigen Autofahrt hintereinander gelesen. Der Titel ist genial!
“Finger weg von diesem Buch” wirkt auf Kinder so anregend, dass sie keine Sekunde zögern, es aufzuschlagen. Immer weider höre ich lautes Lachen von der Rückbank. Die Kinder amüsieren sich über die wiederholten, zorniger werdenden Aufforderungen, das Buch jetzt endlich aus der Hand zu legen und lesen weiter bis zur letzten lustigen Seite. Wahrhaft der Star der Bücher für Lesemuffel. Mehr wird nicht verraten, sonst ist der Gag dahin.
Auch eine große Faszination üben die für mich etwas blöden Lego-Bücher aus. Doch die Jungs lesen sie sehr gerne, daher kriegen sie diese auch. Wirklich gut sind die großen Schriften und vielen Bildern in modernen Leseanfänger-Büchern. Aber auch viele Bilderbücher haben ja große Schrift. Es ist einfach weniger anstrengend. Ebenso finde ich für Kinder, die sich schwer tun, die Bücher gut, in denen die einzelnen Silben oder Wortteile in verschiedenen Farben geschrieben sind.
Pferdegeschichten, Afrika und Kinderkrimis
Ganz oben auf der Liste stehen bei uns gerade auch Pferdebücher, lustige Detektiv- und Monstergeschichten sowie der Drache Kokosnuss bei den wilden Tieren und überhaupt Bücher aus und über Afrika und Tiere. Hoch im Trend stehen auch die Olchis. Da erzählen die Kinder uns alles drüber, was die so gern haben und was die so essen und freuen sich wenn Mama und Papa sich schütteln. Ich bin beeindruckt: Erhard Dietl, der Erfinder der Olchis ist der erste Autor, den sie sich namentlich gemerkt haben. Da können Sie echt stolz drauf sein, Herr Dietl!
Platz 2 der Bücher für Lesemuffel: lesefreundlich, große Schrift und viele Bilder
Bücher müssen auch nicht teuer sein! Ich gehe meistens auf den Flohmarkt oder in einen Secondhand-Kinderladen und kaufe große Mengen an Kinderbüchern für ein, zwei Euro das Stück. So ein Erstleserbuch verspeist die Tochter sozusagen als Nachtisch. Wenn ich keine Zeit habe für die Secondhand-Welt dann gibt es auch im Buchhandel immer einige Sonderangebote, meist Sammelbände. Hier haben wir ein wunderschön bebildertes Pferdegeschichtenbuch für das erste eigenständige Lesen.
Die Tochter hat sich sehr gefreut, danke an das Team von Ars Edition. Es ist eben so das die richtigen Bücher für Lesemuffel ein Kind genau da abholen müssen, wo die Interessensgebieten eines Kindes liegen. Es kommt immer wieder vor, dass die Kinder ein Buch anlesen und gelangweilt weglegen – auch mit Ponygeschichten schon passiert.
Wir haben zum Glück im Nachbarort eine Bücherwand, wo wir regelmäßig Bücher hinstellen und wieder welche mitnehmen. Ich finde es auch blöd, wenn die Kinder sich die Bücher nicht selbst aussuchen können. Wenn ich daneben liege mit meinen Vorschlägen, dann tausche ich das eben aus. Oft ist es aber auch so, dass sich wenigstens eines unserer drei Kinder dafür erwärmen kann.
Bücher für Jungen und Bücher für größere Kinder
Ein wenig schade finde ich manchmal, dass die meisten Pferdebücher so auf Mädchen getunt sind. Denn es gibt auch Jungen, die Pferde lieben! Überhaupt reg mich der Geschlechtertrend sehr auf: Warum können es nicht einfach Kinderbücher sein? Da liebe ich mir doch die Klassiker! Und dennoch: Die Kinder sehen das nicht unbedingt so. Gerade Bücher, wo darauf steht Geheime Mädchensache oder “nur für Jungs” stehen hoch im Kurs. (Witzigerweise liest natürlich dann auch immer das andere Geschlecht nach, was denn in so einem Girls Only-Buch drin steht. Man will ja informiert sein, nicht? Ich glaube in diesem Alter, ist es einfach auch wichtig, sich voneinander abzugrenzen. Hoffentlich bringe ich jetzt nicht gleich das geballte Rudel der neuen Online-Feministinnen gegen mich auf, weil ich mir angemaßt habe, meine mütterliche Meinung kundzutun. Na ja, Fazit ist, das so rosa Prinzessinnenkram nicht so gut ankommt bei Jungs und dass die GEschichten oft auch ziemlich fad sind. Ganz anders sind da dekonstruierte Antihelden wie in dem Buch “Das geheime Drachenhandbuch für Fortgeschrittene” aus dem cbj Verlag, das ich neulich in einer Sendlinger “Zu verschenken”-Kiste gefunden habe. In München ist es nämlich üblich, Dinge die man nicht mehr braucht zu verschenken vor die Haustür zu stellen. Das Buch handelt von einer rotzfrechen, mutigen Antiprinzessin, die Abenteuer mit Drachen erlebt.
Was ihr hier seht ist ein Buch ganz nach meinem Geschmack: Das Geheimnis von Wolkenkuckucksheim von Susanne Rabe aus dem Verlag edition Claus. Dieser kleine Verlag hat wunderbare Kinderbücher im Programm vom Bilderbuch bis zum Jugendbuch. Diesen Roman habe ich zum Vorlesen für den Herbst aufgehoben. Denn ich möchte ihn auch lesen. Schon der Klappentext hat mich inspiriert. Es ist die Geschichte eines unglücklichen Jungens, eines Außenseiters. Der betritt die verschlungenen Pfade der Phantasie, indem er in einer Gärtnerei dem Bücherwiederfinder Igor begegnet, der seltsamerweise das Buch sucht, welches der Junge Torben gerade im Garten beim Unkrautzupfen gefunden hat.
So mit acht geht es dann verstärkt auch um das bloße Wissen und Sachbücher steigen im Kurs. Doch auch in diesem Alter blättern Kinder noch gerne in Bilderbüchern, gerade am Abend vor dem Einschlafen. Da liest der Große gerne Detektiv- und Abenteuergeschichten und ich habe mir schon gedacht, ohje, Die Geschichte vom Löwen, der nicht schreiben konnte, war ein Fehlgriff. Doch siehe da, allen Kinder gefällt auch dieses Bilderbuch:
Bilderbücher: Platz 3 der Bücher für Lesemuffel
Aus dem Beltz Verlag stammt dieses schöne Bilderbuch mit CD: Die Geschichte vom Löwen, der nicht schreiben konnte – ein liebevolles und schön illustriertes Bilderbuch, das sich von der Masse der glupschäugigen Figuren abhebt. Ich liebe Bilderbücher, in denen ein individueller künstlerischer Stil zu erkennen ist. Die Kinder sind immer begeistert, wenn eine CD im Buch ist – lesetechnisch ist das aber nicht unbedingt förderlich. Denn dann wird sofort die CD angehört und die Spannung, die ich als so nützlich für die Motivation zum Lesen erachte ist weg.
Dennoch, Bilderbücher und stellvertretend dieses hier, stehen auf Platz 3 in meiner Rangliste der Bücher für Lesemuffel, denn auch sie sind ein Hintertürchen ins Leseabenteuer. Sie haben nichts mit Schule, Hausaufgaben und lernen zu tun. Die Kinder nehmen sie spielerisch zur Hand, wollen gar nicht lesen, und tun es plötzlich doch. Denn das Geheimnis der Buchstaben hat sich ihnen nun einmal offenbart. Mit der Zeit setzen sie diese unweigerlich zu Worten zusammen und wenn sie von Schriften umgeben sind, haben sie dazu auch die Gelegenheit!
Als Literaturwissenschaftlerin sind Bücher meine Welt und schon als Kind liebte ich sie. Meine Kinder baden in Büchern, und ich hoffe sehr sie alle anzustecken mit meiner großen Freude am Lesen. Alles Liebe, Eure Verena
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