Foodsharing Lebensmittel vor der Tonne retten

Foodsharing, European Street Food Festival

Seit 2012 rettet die foodsharing-Bewegung täglich tonnenweise gute Lebensmittel vor dem Müll. Mitglieder aus Deutschland, Österreich und der Schweiz verteilen sie ehrenamtlich und kostenfrei im Bekanntenkreis, der Nachbarschaft, in Obdachlosen- und Flüchtlingsheimen, an gemeinnützige Vereine und soziale Projekte, Schulen, Kindergärten und via Essenskörbe zum Abholen über die Länder-Plattformen von foodsharing. Diese dient als Netzwerk, in dem sich Hunderte foodsharing-Botschafter*innen – zuständig für Städte und Regionen – und über 72.000 Foodsaver organisieren.

Über 320.000 Menschen nutzen regelmäßig die Internetplattform mit dem Motto: „Teile Lebensmittel, anstatt sie wegzuwerfen!“. Abgeholt wird pro Tag bei über 6.700 Kooperationspartnern wie Bäckereien, Supermärkten, Kantinen, Restaurants und Großhändler. Gegründet wurde der gemeinnützige Verein 2012 von Valentin Thurn im Zuge der Dreharbeiten zu seinem Film “Taste the Waste”. Er wurde zuerst per Crowdfunding auf der Seite startnext finanziert. 2014 kam es zur Fusion mit lebensmittelretten.de

Essenskörbe von Privatpersonen

Die Idee und das Konzept des Lebensmittelrettens bei Betrieben stammen von Raphael Fellmer, der in Berlin im Frühling 2012 die erste Kooperation mit der Bio Company startete und somit das Fundament für die heutige Bewegung schuf. Bis auf die Geschäftsführung (Minijobstelle) bekommt niemand Geld. Vom Programmierer bis zur PR setzen sich alle ehrenamtlich ein. Die globale Community wächst rasch und stellt mittlerweile eine Art Protestbewegung gegen die maßlose Konsum- und Überflussgesellschaft dar.

Wer zuhause zu viele Lebensmittel eingekauft oder gekocht hat, kann diese übrigens auch in Essenskörben auf der Plattform anbieten und verschenken bzw. abholen lassen.

Knödlbrot - Resteverwertung Foodsharing

Eigeninitiative gefragt

In zahlreichen Bars, Cafés und Restaurants stehen öffentlich zugängliche Regale und Kühlschränke, sogenannte Fair-Teiler, in denen jeder zu den Öffnungszeiten der Lokale gerettete Produkte entnehmen darf. Die Foodsaver kümmern sich um Pflege und Reinigung der Fair-Teiler. Jede Gastronomie, die Platz hat, z.B. in einem Vorraum, so einen Lebensmittelretter-Standort einzurichten, ist willkommen.

Gastronomen können aber noch auf andere Weise profitieren. Das Restaurant Fischerhäusl in Innsbruck etwa kooperiert mit einer Foodsharing-AG, die ehrenamtlich Knödelbrot schneidet. Aufgrund der großen Mengen täglich geretteter Semmeln und Weißbrot-Produkte, musste eine Lösung her. Norbert Pedevilla rechnet das Foodsharing-Knödelbrot aus dem Warenwert der Gerichte heraus und bewirbt dies aktiv auf seiner Speisekarte.

Auch seine Gäste profitieren so von etwas niedrigeren Preisen bei Knödel-Gerichten oder Beilagen. Foodsharing profitiert ebenfalls durch steigende Bekanntheit, da der Gastronom die Kooperation auf seinen Social Media-Kanälen bewirbt. Außerdem hat er für die Aktion Flyer drucken lassen.

Coronabedingt ist die Aktion leider 2020 ins Stocken gekommen, weil die persönlichen Treffen zum Knödelbrot schneiden erschwert wurden.

 

Vorteile für Gastronomen und Ladenbesitzer

Der ethische Umgang mit Lebensmitteln ist an sich ein Wert. Dazu kommen reelle Kosteneinsparungen für Müllentsorgung sowie Arbeitszeit- und Personal zur Entsorgung der aussortierten Lebensmittel. „Dass wir dadurch [Kooperation mit foodsharing] sehr viel weniger Containerkapazität brauchen und zusätzlich Kosten sparen, ist ein willkommener Nebeneffekt”, erklärt Georg Kaiser, Geschäftsführer der BIO COMPANY. Foodsaver übernehmen das Sortieren der Lebensmittel sowie die Entsorgung des Mülls.

Sie nehmen grundsätzlich alles an, auch Produkte mit abgelaufenem MHD, Milchprodukte und Waren mit beschädigten oder offenen Verpackungen. Foodsaver können aufgrund ihrer lokalen Organisation und der guten Vernetzung zeitlich flexibel sein und am Wochenende, an Feiertagen, spät abends, nachts und frühmorgens (auch bei Ausfall der Tafeln und unerwarteten Vorfällen, Kühlanlagenausfall, falsche Lieferung usw.) oft zeitnah nach Anruf einspringen.

Die Lebensmittelspende bleibt durch den Haftungsausschluss, den alle Foodsaver mit der Anmeldung akzeptieren, ohne rechtliche Konsequenzen für den Betrieb. Alle Kooperationspartner sind von jeglicher Haftung für die Genießbarkeit bzw. gesundheitliche Unbedenklichkeit der Ware entbunden. Die Abholenden haften für verteilte Lebensmittel und sind verantwortlich, sich ggf. um eine Haftpflicht- und Unfallversicherung zu kümmern. Sie verzichten auf Schadenersatz und verpflichten sich, die Speisen vor der Weitergabe auf ihre Unbedenklichkeit zu überprüfen.

MHD heißt nicht tödlich ab

Das MHD, eine Sicherheitsmaßnahme der Lebensmittelindustrie, wird fälschlicherweise von vielen Konsumenten als letzte Möglichkeit zum Verzehr angesehen. Nur Lebensmittel, welche ein Verbrauchsdatum überschritten haben, dürfen auf keinen Fall geteilt werden, z.B. bei frischem Fisch, Hackfleisch, verarbeiteten Speisen mit rohen Eiern, Geflügel etc.

Es gilt der Grundsatz: “Teile nur Lebensmittel, welche du auch selbst konsumieren würdest”. Diese werden zu den ausgemachten Zeiten abgeholt, zu welchen die Betriebe wünschen. Ziel ist es, eine Abholquote von 100% zu erreichen. Die umfassende Zufriedenheit der Kooperationsbetriebe ist ein elementarer Teil des Lebensmittelrettens.

foodsaving - Lebensmittel retten mit foodsharing e.V.

Foto: Foodsharing e.V.

 

Unterschiede zu den Tafeln

Die Foodsaver sind eine Ergänzung zu anderen gemeinnützigen Organisationen wie den Tafeln. Diese engagieren sich seit 20 Jahren gegen die Verschwendung von Lebensmitteln. In Deutschland gibt es über 900 Tafeln. Die Tafeln und foodsharing kooperieren, wo sie können. Erstere sammeln vornehmlich für Bedürftige, foodsharing hingegen gibt allen Menschen die Möglichkeit, sich gegen die Lebensmittelverschwendung einzusetzen und sich mit Überschüssigem zu versorgen.

Viele Tafeln nehmen keine verarbeiteten Lebensmittel an, auch keine mit überschrittenem MHD (je nach Tafel, am besten erkundigen!)
Die Tafeln holen vor allem bei großen Lebensmittelbetrieben ab. Zielsetzung von Foodsharing ist es, möglichst allen kleinen Lokale wie Bäckereien, Bioläden, Restaurants etc. Kooperationen zu ermöglichen, so dass unabhängig von der Betriebsgröße nichts weggeworfen wird.

Bei den Tafeln müssen die Abnehmer*innen meist ein paar Euro für die Lebensmittel bezahlen, während bei foodsharing alles Gerettete kostenlos abgegeben wird.

Hier findet ihr weitere Rezepte, um zum Beispiel altes Brot selbst zu verwerten und für leckere Resteküche mit Kürbis. Suppenwürze herstellen oder Gemüsechips rösten.

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