Heute freue ich mich, dass es mit Dr. Mama Arbeitstier mit meiner Reihe zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf weitergeht. Vielen Dank liebe Irene, dass Du Dir Zeit genommen hast, die Fragen zu beantworten. Irenes Blog gefällt mir sehr. Sie hat eine gekonnte, ironische und erfrischende Art zu schreiben. Und los geht’s.
Wer bist du?
Ich bin die Irene aka Dr. Mama Arbeitstier aus Wien und blogge unter drmamaarbeitstier.blog über den kabarettreifen Alltag mit dem hasigsten Ehemann von allen, zwei Kids und einem Teilzeitjob in Wien. Ich bin die unausgeschlafene, untrainierte und sehr kaffee- und käsekraineraffine Mutter von K1 und K2 – dessen Schwangerschaft so schwer war, dass er der Besteigung eben dieses Berges glich. Und der sich daher schon in der Schwangerschaft den „Arbeitstitel“ K2 verdient hat.
Woher kommst du und wohin gehst du?
Ui, eine der Grundfragen der Menschheit. Die kann ich jetzt mal unter der Woche ganz kurz abhandeln: Ich komme aus der Wohnung und gehe zuerst in den Kindergarten, um die Ks abzugeben und dann die Arbeit. Am Wochenende gehen wir einkaufen ;-). Woher ich komme, ist irgendwie schwer festzumachen: In Bezug auf die eigene Herkunft könnte ich sagen: Ich komme aus Wien und bleibe hier wohl bis zum Tod. Ich mag die Stadt und meistens auch die Menschen. Das stimmt so auch, aber ich glaube, die Frage impliziert noch mehr: Was macht mich aus? Was hat mich geprägt und verändert? Und da war zum einen das Studium und die Ausbildungen, die meine Sicht der Welt prägen, dazu der Beruf und natürlich die Ks. Woher ich komme? Aus der Kommunikationswissenschaft, ins Direktmarketing. Und wohin ich gehe? Ich glaube, nicht allzu weit – weder räumlich, noch beruflich.
Was willst du über deine Familie sagen?
Früher dachte ich immer, das sind nur so Glückskekssprüche, dieses „das Leben ist Veränderung“-Gelaber. Aber seit die Ks da sind, muss ich sagen. Ja. Sie haben wirklich alles verändert – meinen BMI, meine Wohnung, meinen Freundeskreis, meinen Kühlschrankinhalt. Und sie verändern mein Leben weiterhin laufend. Kaum hab ich mich an etwas gewöhnt, ist es auch schon wieder obsolet. Eh super. Wenn man Veränderungen mag (mag ich als Hochsensibelchen jetzt eher gar nicht). Aber ist so. Und wird ganz sicher wieder anders ;-).
Warum und was arbeitetest du?
Ich bin Senior Copywriter in einer Directmarketing-Agentur. Ich liebe den Job. Ich liebe es, jeden Tag zu texten, zu schreiben, zu denken, zu konzipieren. Und das ist auch der Nachteil: Denn meine Tage haben – seit die Ks da sind – ein natürliches Ende nach meistens sechs Stunden. Egal ob mein Gehirn fertig ist, ob der Flow noch so toll ist, die Ks warten. DER KINDERGARTEN RUUUUFT.
Erzähle uns von deinem beruflichen Werdegang!
Der ist leider erschreckend kurz. Uni. Dann Werbeakademie in Wien. Dann Praktikum. Dort 2002 kleben geblieben. Heute noch dort.
3 Dinge, die dir am schwersten fallen, beim Wechseln zwischen den Welten!
Ich arbeite seit zwei Jahren in Elternteilzeit. Und trotzdem höre ich ab und zu immer noch so Sachen wie „Gehst du schon? Na dann genieß’ den freien Nachmittag!“ Da würde ich am liebsten der kinderlosen Kollegin (ist so) ins Gesicht springen. Denn „frei“ ist anders. Und „genießen“ meist auch. Und auch Sätze wie „Du, wir haben den Termin jetzt auf 16:00 gelegt, da können die meisten. Ah, du nicht …“ sind irgendwie vom Funfaktor her vernachlässigbar. Und das hier detto: „Du warst ja nicht mehr im Haus, da haben wir haben die Gestaltung/ das Konzept schon mal an den Kunden geschickt.” Was mir also am schwersten fällt, ist das Gefühl, in Teilzeit ein „vernachlässigbarer“ Faktor zu sein. Eine, die eh nie da ist.
Das ist ein Teil meines Lebens. Mein Arbeitsleben. Und irgendwie bin ich darin der “vernachlässigbare Faktor”. Eine, die eh nie da ist. Eine, auf die es eh nicht ankommt. Eine, die beim vielzitierten “Mut zur Lücke” in selbige Lücke rein fällt – und zwar durch den Rost und rein ins Nirwana – ins (un-)kollegiale Vergessen.
Und dann. Dann ist da die andere Seite meines Lebens. Mein Familienleben. Da schaut es ganz anders aus. Da höre ich immer wieder: „Hast du die Rechnungen bezahlt? Kannst du mir einen Einkaufszettel schreiben? Hast du meine Hose/ meine Brille/ mein Sakko gesehen? Mama, ich hab Kacka gemacht, schau mal. Mama, kuscheln.” Hier bin ich nicht der vernachlässigbare Faktor, hier jagt ein Handlungsauftrag den nächsten. Die To-Do-Liste nimmt langsam aber sicher die Länge einer abgewickelten Klopapierrolle an. Die Schmutzwäsche stapelt sich und verströmt einen gar nicht mehr so dezenten Mief. Und auch meine Stimmung mieft. Langsam aber sicher. Denn irgendwie hab ich nach 5 1/2 Jahren Mutterschaft den Eindruck, dass es nie reicht. Dass es immer zu wenig ist.
Und das ist für mich das Schwerste beim Wechsel zwischen den Welten. Das Gefühl, dass ich im Arbeitsleben zu wenig präsent und zu viel Mutter bin und dass ich im Familienleben zu viel Abzuarbeiten habe (beruflich, häuslich) und zu wenig als liebevolle Mama präsent bin.
3 Dinge, warum du nicht tauschen wollen würdest!
1) Weil die Ks großartig sind. Die geb ich nicht mehr her. (Okay, vielleicht manchmal. Wenn wieder mal im Bad „Land unter“ herrscht, die Kacke nicht im Klo gelandet ist oder mich die durchgehende Trotzphase (zuerst K1, dann K2) mürbe macht).
2) Weil der Job toll ist – oder besser gesagt beide. Der im Büro und der als Mutter – denn am Ende des Tages geht es darum, was bleibt: und das ist das Gefühl, für die Ks dagewesen zu sein: Bei ihnen gewesen zu sein. Ein Teil ihres Lebens zu sein. Und ihnen das nötige Rüstzeug zu geben, um eines Tages hinaus ins Leben gehen zu können.
3) Weil sich die Frage gar nicht stellt. Denn tauschen würde ich schon – aber nur mit dem hasigsten Ehemann von allen. Denn die Ks sind mit 3 3/4 und 5 1/2 noch zu klein, als dass wir beide Vollzeit arbeiten könnten. Denn das würde heißen: Die Ks sind dann bis 17:00 im Kindergarten. Aber die brauchen ein Stückchen Nachmittag – fürs Spielen, Kuscheln, Freunde treffen.
Was liegt dir besonders am Herzen?
Dass die Kinder ihre Kindheit überleben. Dass wir sie nicht mit Erziehung „abdrehen“ und sie Kinder und sie selbst sein dürfen. Auch wenn das heißt, dass Bobbycar-Rennen in der Wohnung veranstaltet werden und die Couch zum Trampolin mutiert. Und dass die Ks nicht alles was sie können, auch tun müssen. Denn erwachsen müssen sie später eh ein Leben lang sein.
3 Lieblingsfotos / Dinge / Tätigkeiten aus dem Leben von Dr. Mama Arbeitstier
Auch eine Mama Arbeitstier – zuhause oder im Office?
Wenn Du auch etwas sagen möchtest zum Thema Mütter und/oder Väter und Vereinbarkeit von Familie und Beruf, freue ich mich sehr auf Deine Mail an contact@mamirocks.com
Hier gibt es schon einige individuelle Einblicke. Diese Portraits zeigen Wege auf wie Menschen Familie und Beruf in ihrem Leben unter einen Hut zu bringen versuchen – denn ein Herz für Eltern soll jeder für uns vor allem auch gegenüber sich selbst haben: perfekt ist nicht wichtig.
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