Eine italienische Mama schreibt man genau genommen mit Doppel-M. Deshalb heißt Claudias Blog auch Mäusemamma!
Seit über 15 Jahren lebt die Deutsche mit Mann und zwei Kindern in einer bezaubernden Kleinstadt im Piemont, wo sie als Fremdenführerin arbeitet. Sie blickt auf ein – für unsere Generation der 30+, aber noch mehr für jüngere Generationen – ungewöhnliches Leben zurück, das ich sehr bewundere: Ins Blaue leben und sich dabei selber treu bleiben. Und wenn Dein Bed&Breakfast startet, gib Bescheid, liebe Claudia, ich mach bestimmt Station, auf der Route nach Süden, in mein geliebtes Italien. Aber jetzt lest von Claudia und ihren Erfahrungen als berufstätige italienische Mama, den Tücken der Zweisprachigkeit und dem Ausbalancieren der Vereinbarkeit mit Home Office und Selbständigkeit.
Wer bist Du?
Ich heiße Claudia, bin (doch schon!) 34 Jahre jung und verheiratet mit einem Italiener. Gemeinsam haben wir zwei kleine Kinder (*Mai 2012 und *Oktober 2014). Was mich sonst so ausmacht, erfahrt Ihr beim Weiterlesen und natürlich auf meinem Blog…!
Woher kommst Du und wohin gehst Du?
Geboren und aufgewachsen bin ich in der sächsischen Stadt mit dem “Nischel” (es darf gerne gegoogelt werden!), doch bereits seit 2001 lebe ich in Norditalien. Obwohl meine “Auswanderung” eigentlich gar nicht geplant war und ich nie gedacht hätte, einmal in Bella Italia Fuss zu fassen, bin ich glücklich damit…
Was willst Du über Deine Familie sagen?
Meine Familie, das sind vor allem wir 4! Im Gegensatz zu etlichen anderen italienischen Familien haben wir (von Seiten meines Mannes) keinen großen Verwandtenkreis in unserer näheren Umgebung. Meine Eltern leben am Bodensee, so dass unser Alltag vor allem aus uns Eltern und unseren beiden Mäusen besteht.
Die Kinder sind noch recht klein, deswegen bedeutet Familienzeit im Moment vor allem viel gemeinsam spielen, lesen, singen, sich bei Tisch vom Tag zu erzählen, abendliches Einschlafkuscheln, morgendliches Trödeln. Und dabei versuchen, das häusliche Spielechaos nicht zu übertreiben – und vor allem das improvisierte Home Office meines Mannes unverschont zu lassen. Was natürlich nur selten klappt…
Warum und was arbeitest Du als italienische Mama?
Warum? Kurz und knapp: Weil ich einen Ausgleich zum Mamasein brauche! Ich mag meine Aufgabe als Mutter und (in den Wintermonaten überwiegendes Dasein als) Hausfrau sehr und genieße die viele Zeit, die ich meinen Kindern widmen kann. Doch ich sehne mich nach mehr und brauche stets auch eine intellektuelle und kreative Herausforderung. Bauklötze und Autorennbahnen sind toll, herausfordernde Übersetzungstätigkeiten und neugierige Touristen aber auch. Ehrlich gesagt steht der finanzielle Aspekt derzeit nicht an erster Stelle.
Was? Bis vor einiger Zeit war ich Angestellte in der Exportabteilung einer kleinen Firma, die typisch italienische Backwaren herstellt. Doch während meiner ersten Elternzeit habe ich mir einen langjährigen Wunsch erfüllt und eine Ausbildung zur Fremdenführerin abgeschlossen. Somit kann ich jetzt als Freiberuflerin sowie als festes Mitglied eines lokalen Kulturvereins neugierige Touristen aus dem In-und Ausland durch unsere wunderschöne Gegend begleiten. Ab und an übersetze ich auch Texte, denn auf deutsche Muttersprachler in der Tourismusbranche trifft man hier eher selten…
Erzähle uns etwas von Deinem beruflichen Werdegang!
Also…*nachdenk*…*grübel*: Da es mich direkt nach meinem Abitur in Deutschland nach Italien verschlagen hat, habe ich den Großteil meiner beruflichen Erfahrungen natürlich auch hier gesammelt. Meine ersten 2 Jahre in Italien, also meine frühen 20er, waren geprägt von einem (fast) Rund-um-die-Uhr-Freiwilligendienst in einer kleinen Familiengemeinschaft (P.S. Über diese Lebensphase werde ich hoffentlich bald in meinem Blog tiefgehender berichten…) und anfangs allerlei Nebenjobs wie Kellnern, Putzen, Fliessbandarbeit, Büroaushilfsjobs. In meiner noch jugendlichen Globetrotterneugier wollte ich so viele Erfahrungen wie nur möglich sammeln und natürlich ein paar Lire Euro dazu verdienen. Als ich dann halbtags eine Festanstellung in der oben genannten Firma annahm, wurde mir bewusst, dass ich für mein Leben eine Richtung bestimmen musste – die ich aber damals nicht so recht finden wollte. Es folgten einige für mich eher als unruhig in Erinnerung gebliebene Jahre, in denen ich zwischen den Welten hing: Hier bleiben oder zurück nach Deutschland zum Studium? Am Ende siegte Plan B, so dass ich mich 2006 in meiner Heimatstadt an der Uni für den Europastudiengang einschrieb. Doch das Schulbankdrücken nach so langer Zeit in einer anderen Welt, in der ich schon mein eigenes Geld verdiente, wollte nicht mehr so recht klappen. Durch Zufall kehrte ich letztendlich doch wieder in meinen alten Job zurück, diesmal aber ganztags und mit für mich interessanteren und erfüllenderen Aufgaben, in denen ich vor allem meine Sprachkenntnisse nutzen konnte. Meine Ausbildung zur Fremdenführerin rundet meinen beruflichen Weg ab und erlaubt es mir, mir dadurch langsam aber sicher eine Basis zur Selbstständigkeit zu schaffen, gemeinsam mit meiner Familie. Mein nächstes Ziel: die Einrichtung eines Bed&Breakfasts…
Wie sieht es mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf aus in Norditalien?
Schwierige Frage! Mein Motto ist: Wer will, der kann, muss aber auch die Konsequenzen akzeptieren. Ich persönlich kenne viele Familien, in denen beide Elternteile voll berufstätig und demzufolge auf ein gut funktionierendes Betreuungsmodell angewiesen sind. Hier in Italien kommen dabei natürlich in erster Linie die Großeltern ins Spiel, denen die Kleinkinder anvertraut werden, damit man selber beruflich nicht kürzer treten muss. Danach kommen die Krippen (die aber recht kostenspielig sind) und Kitas. Teilzeit, Home Office und flexible Arbeitszeiten sind Modelle, die – meiner Erfahrung nach jedenfalls – hier noch nicht weit verbreitet sind. Besonders in kleineren, noch familiär geführten Firmen geht man eher traditionell mit den Arbeitszeiten um, und das heißt: Kein Feierabend vor 18 Uhr – oder noch später. Für eine italienische Mama stellt sich also oft die Frage: Karriere oder Familie? Gehe ich weiterhin arbeiten und nehme unflexible Arbeitszeiten und weniger Familienzeit in Kauf, oder trete ich erstmal zurück und bevorzuge den Herd vorm Büro?
Wir haben für uns eine Art Mittelweg gefunden: Ich habe zwar (aus freier Entscheidung) keine feste Anstellung mehr, kann aber trotzdem als Freelancer einen kleinen Teil zur Familienkasse beitragen. Außerdem kann ich die Aufträge so annehmen, wie es in unseren familiären Alltag passt. So hieß das z.B. für mich, dass ich im Sommer und Frühherbst so gut wie jedes Wochenende arbeitete, während ich mich unter der Woche um die Kinder, den Haushalt etc. kümmern konnte. Führungen vorbereiten, Übersetzungen schreiben, social medias pflegen…all das wird in die kinderfreie Zeit vormittags oder nachts gepackt. Ohne familiäres Netzwerk wäre ein anderes Modell, momentan jedenfalls, eher schwieriger geworden.
Und wie klappt das mit der Zweisprachigkeit?
Bei diesem Thema muss ich ehrlicherweise sagen: Asche auf mein Haupt, ich Rabenmutter! Als ich mit unserem ersten Kind schwanger war, hatte ich noch diese romantische, idyllische Vorstellung der zweisprachigen Erziehung: Mama spricht nur X, Papa spricht nur Y, und im Handumdrehen lernt das Kind zwei Sprachen. Hier ist das eher Pustekuchen, und die Schuld dafür liegt vor allem bei mir. Ich bin grottenschlecht darin, mit meinen Kindern deutsch zu sprechen – es ist für mich eher ein “Auf-Biegen-und-Brechen”. Da ich in meinem Alltag zu 95% von Italienern umgeben bin, benutze ich die deutsche Sprache lediglich virtuell, mit Touristen und am Telefon mit meinen Eltern. Mit meinem Mann spreche ich ausschließlich italienisch, und das überträgt sich auch auf unsere Kinder. Seit sie die Kita besuchen und mit Gleichaltrigen zusammen sind, hat sich natürlich ihr italienischer Wortschatz bereichert. Unser Großer schaltet mittlerweile auf stur, wenn ich ihm ein deutsches Kinderbuch AUF DEUTSCH vorlesen möchte, und die Kleine kennt es nicht anders. Schade ist daran, dass sie wenig mit den deutschen Großeltern kommunizieren können, die wir leider nur ein paar Mal im Jahr sehen. Für 2016 habe ich mir aber eine Verbesserung in der Hinsicht vorgenommen und auch schon damit angefangen. Immer klappt das allerdings nicht:
Ich: “Wie macht das SCHWEIN?” – Die Kleine: “Muuuuh!”…
3 Dinge, die Dir am schwersten fallen, beim Wechseln zwischen den Welten!
Den Hebel umlegen: Wenn ich mich intensiv mit einem Thema beschäftige und mich in einen Sachverhalt hinein knie, dann will ich das oft von Anfang bis Ende tun. Habe ich eine Idee, so würde ich diese am liebsten SOFORT in die Tat umsetzen. Doch das funktioniert mit zwei Kindern und einem Mann im Home Office nicht ohne Weiteres. Unvorhersehbare Situationen (die Kinder wollen nicht schlafen, sondern schauen, was Du so am PC treibst; eine Anfrage für eine Führung kommt auf den letzten Drücker, gerade da, wenn die Kinder krank sind etc….) lassen oft den roten Faden reißen, und das kann meiner Perfektionismuspersönlichkeit ganz schön zu schaffen machen.
Allgemein ist das Thema Zeitmanagement und den Tag organisieren nicht immer leicht – nicht, weil ich das nicht kann, sondern weil man immer mit Zwischenfällen rechnen muss. Gedanklich muss ich mich dann immer ins Hier und Jetzt zurückzwingen. Und keine festen Arbeitszeiten zu haben ist zwar angenehm, kann aber auch dazu führen, dass man unkonventionelle Uhrzeiten in Gesellschaft des PCs verbringt……oder sich eben morgens um halb 10 einen Cappuccino im Cafè gönnen oder einen Familienausflug unter der Woche organisieren kann…
3 Dinge, warum Du nicht tauschen wollen würdest!
Ich wüsste nicht wirklich, warum und vor allem mit wem ich tauschen sollte. Pro und Contras gibt es in jedem Lebensmodell, sowie den üblichen (nicht immer zuckersüssen) Alltagstrubel. Unsere derzeitige Lösung gefällt mir trotz allem, und ich sehe die flexiblen Arbeitszeiten und die Möglichkeit, sicherlich mehr Zeit mit den Kindern verbringen zu können als in Familien, in denen beide Elternteile auf Vollzeit arbeiten, als Privileg an. Kein Frauentausch also…;)
Was liegt Dir besonders am Herzen?
Auf diese Fragen antworte ich am Besten mit ein paar Bildern, die hoffentlich auch ohne viel Worte aussagekräftig sind…
Meine Familie – meine Stadt – meinen langen Weg bis hierher!
Das freut uns liebe Nancy. Meine FReundin Maia bloggt normalerweise hier auf englisch – sie hat aber gerade Zwillinge bekommen und pausiert ein wenig. Liebe Grüße aus Tirol, Verena
Sehr sympathisch! Auf dem Blog werde ich jetzt sicherlich häufiger vorbeisehen!
Danke und Gruß aus den USA
Nancy